Stellungnahme der Sigmund Freud Privatuniversität Wien (SFU) zum Entwurf eines Bundesgesetzes mit dem das Universitätsgesetz 2002 – UG, das Hochschulgesetz 2005 – HG, das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz – HS-QSG, das Fachhochschulgesetz – FHG und das Privathochschulgesetz – PrivHG geändert

Ergänzend zu den vorgebrachten Stellungnahmen der Österreichischen
Privatuniversitätenkonferenz (ÖPUK) vom 26.01.2024 und 20.02.2024 zu dem vorliegenden
Gesetzesentwurf zur Änderung des Privathochschulgesetzes (PrivHG), ist im Hinblick auf die
Gewährleistung der wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit des Rektorats zu dem im
Ministerialentwurf vorgesehenen § 5 PrivHG auszuführen:

1. Der Entwurf des § 5 PrivHG Abs 1b sieht vor, dass Personen, die in einer Geschäftsbeziehung
mit der Trägereinrichtung stehen, nicht gleichzeitig Funktionen als Organe der
Bildungseinrichtung gemäß Abs 2 Z 2 innehaben dürfen. Diese Regelungen führen zu einem
gravierenden Eingriff in die Erwerbsfreiheit der Trägergesellschaft, weil deren Befugnis,
auf den Betrieb ihrer Universität Einfluss zu nehmen, erheblich eingeschränkt wird. Nach der
Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ist ein solcher Eingriff, also eine gesetzliche
Regelung, die die Erwerbsfreiheit beschränkt, nur zulässig, wenn sie durch das öffentliche
Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, verhältnismäßig und sachlich gerechtfertigt
ist (zB VfGH G 40/90).

2. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Novelle auch für bestehende Privatuniversitäten
gelten soll und nur sehr kurze Übergangsvorschriften vorsieht (§ 14 Abs 11, 12 und 15 PrivHG).
Daher sind die neuen Regelungen auch in Hinblick auf den Vertrauensschutz problematisch (vgl zB VfGH G 193/2023).

Wesentlich ist auch, dass die Novelle in die Rechte (insbesondere in die Erwerbsfreiheit)
derjenigen Rektoren eingreift, die derzeit über einen aufrechten Dienstvertrag als Organ der
Trägergesellschaft verfügen und daher mit dem Erfordernis konfrontiert werden, eine der
beiden Funktionen vorzeitig zu beenden
.

3. Die Erläuterungen zum Ministerialentwurf beschränken sich auf die pauschalen Hinweise,
dass „eine stärkere Unabhängigkeit der Leitungsebenen von privaten Hochschulen … von ihren
Trägereinrichtungen … erforderlich“
sei und die Organe der Privathochschule und der
Trägereinrichtung „klar getrennt“ werden, „um die Hochschulautonomie, die akademische
Selbstverwaltung sowie die Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre zu gewährleisten.“

Eine Begründung, warum eine Trennung der Organe des Rechtsträgers und der Organe der
Privatuniversität im öffentlichen Interesse erforderlich sei, ist den Erläuterungen nicht zu
entnehmen und ist auch sonst nicht erkennbar. Diese Trennung entspricht auch keinem
internationalen Standard.

4. Wie bereits von der ÖPUK dargelegt, muss es in dem Fall, dass der Rektor einer
Privatuniversität gleichzeitig der Geschäftsführer der Trägergesellschaft nicht zwingend
bedeuten, dass die Hochschulautonomie, die akademische Selbstverwaltung sowie die
Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre gefährdet sind. Im Gegenteil:

Es ist bereits nach geltendem Recht undenkbar, dass eine Privatuniversität akkreditiert bzw
reakkreditiert wird, in der die Hochschulautonomie, die akademische Selbstverwaltung sowie
die Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre durch eine unangemessene Einflussnahme des
Rechtsträgers eingeschränkt werden. Der Ministerialentwurf lässt jede Begründung dafür
vermissen, weshalb das bisherige, durch die PU-AkkVO 2021 näher determinierte (Re-)
Akkreditierungssystem nicht ausreichend sei, um die eben erwähnten Grundprinzipien zu
schützen. Es fehlt also an der Erforderlichkeit des durch die Novelle bewirkten
Grundrechtseingriffes. Darüber hinaus sind die neuen Bestimmungen auch nicht
verhältnismäßig
, denn in Anbetracht der eben beschriebenen geltenden Rechtslage kann der
Zweck, die Hochschulautonomie, die akademische Selbstverwaltung sowie die Freiheit der
Wissenschaft und Lehre zu bewahren, auch ohne die geplante strenge Trennung der Organe
der Trägergesellschaft und der Organe der Universität verwirklicht werden. Die geplanten Abs
1a und Abs 1b könnten den in der Begründung des Ministerialentwurfs genannten
Schutzzweck
sogar gefährden, denn ihre praktische Umsetzung würde zu erheblichen
Problemen führen, die die Interessen der Universität schädigen: Wenn die Funktionen des
Geschäftsführers der Träger-GmbH und des Rektors der Universität streng getrennt wären,
würde dies bewirken, dass der Rektor in wirtschaftlichen und rechtlichen Fragen sowie bei
Vertretungshandlungen keinerlei Befugnisse hätte, sondern von der Zustimmung des
Geschäftsführers abhängig wäre. Dies wäre gerade das Gegenteil des vom Ministerialentwurf
angeblich bezweckten Schutzes der universitären Freiheiten. Andererseits würde die strenge
Trennung zwischen der Universität und der Trägergesellschaft aber auch bedeuten, dass diese die Universität allenfalls mittelbar steuern könnte, also etwa dadurch, dass der
Geschäftsführer die erforderliche Zustimmung für Maßnahmen des Rektors verweigert.
Letztlich könnte dies zu Pattsituationen und zur Handlungsunfähigkeit der Universität
führen.

5. Verfassungsrechtlich problematisch ist auch die Ungleichbehandlung der
Trägergesellschaft einer Privatuniversität im Vergleich zu anderen Gesellschaften, die
ein Unternehmen betreiben: Zwar ist es im Hinblick auf die Hochschulautonomie, die
akademische Selbstverwaltung sowie die Freiheit der Wissenschaft und Lehre gerechtfertigt,
die Trägergesellschaft insofern entsprechenden Einschränkungen zu unterwerfen; wie aber
bereits oben erwähnt, ist das bestehende System ausreichend diese Ziele zu verfolgen. Die
Novelle könnte jedoch bewirken, dass der Einfluss der Trägergesellschaft auf die Leitung ihres
eigenen Unternehmens (nämlich im Bereich der Zuständigkeit des Rektors und des Rektorats)
deutlich reduziert oder gar minimiert wird; eine solche Konstruktion ist in der
österreichischen Rechtsordnung – soweit ersichtlich –, in dieser Zuspitzung einzigartig und
kann auch nicht durch die Besonderheiten des Hochschulbereichs gerechtfertigt werden:

Denn es stellt sich dann etwa die Frage, wieso eine solche gesetzliche Trennung nur für den
Bereich der Privathochschulen, nicht aber für sonstige private Bildungseinrichtungen oder
andere Unternehmen gelten soll, bei denen nicht die ökonomische Orientierung
(Gewinnerzielung) im Vordergrund steht, sondern vor allem politische, erzieherische,
religiöse, wissenschaftliche, meinungsbildende, künstlerische oder ähnliche Ziele. Da – um
beispielhaft den Bereich der Medienunternehmen heranzuziehen – „eine stärkere
Unabhängigkeit der Leitungsebenen von privaten Medienunternehmen … von ihren
Trägereinrichtungen“ nämlich offenbar aus guten Gründen „nicht erforderlich“ ist und die
Organe des Massenmediums, insb. der Chefredakteur und der Herausgeber und jene der
Trägereinrichtung, also insb. der Geschäftsführer, vom Gesetzgeber nicht „klar getrennt“
werden, „um die innere Redaktionsfreiheit zu gewährleisten“, lässt genau diese isolierte,
lediglich für den privaten Hochschulbereich geplante gesetzliche Maßnahme als
überschießend und unsachlich erscheinen.

Die geplanten Abs 1a und 1b verstoßen daher auch gegen den Gleichheitsgrundsatz.

6. Die Bestimmung in Abs 1a ist außerdem überschießend, weil demnach jegliche Beteiligung
an der Trägergesellschaft der Ausübung einer Organfunktion in der Privatuniversität
entgegensteht. Dies würde beispielsweise bedeuten, dass jemand auch dann nicht Rektor sein
darf, wenn er nur mit einem Prozent als Gesellschafter an der Trägergesellschaft beteiligt ist
und daher auf diese überhaupt keinen Einfluss ausüben kann. Eine sachliche Rechtfertigung
für eine so strenge Regelung ist nicht ersichtlich.

7. Abs 1b wirft auch legistische Fragen auf, wenn hier eine „Geschäftsbeziehung“ als
Ausschlussgrund für die Ausübung einer Organfunktion in der Privatuniversität normiert
wird:

Eine Definition der Geschäftsbeziehung findet sich im PrivHG nicht. In anderen Bundesgesetzen geht es in Zusammenhang mit „Geschäftsbeziehungen“ zumeist um Geldwäscheprävention(!). Ob mit diesem unklaren Rechtsbegriff sohin ein auf Dauer angelegtes (wenn ja, für wie lange?), entgeltliches Vertragsverhältnis gemeint ist oder ob auch kurzfristige und/oder unentgeltliche Verträge erfasst sind, bleibt im Dunkeln. Es ist daher offen, ob bereits eine (unentgeltliche) Honorarprofessur, ein einmaliger Lehrauftrag oder das Halten einer Laudatio bei einem offiziellen Festakt Ausschlussgründe sind.

Aufgrund seines Wortlautes führt Abs 1b außerdem dazu, dass eine Privathochschule zwingend ohne Organe auszukommen hat: Denn die Ausübung der Organfunktion setzt zwingend ein Vertragsverhältnis mit der Trägergesellschaft voraus (also zumindest eine Bestellung, die angenommen wird); da dieses Vertragsverhältnis — trotz der unklaren gesetzlichen Definition — jedenfalls als Geschäftsbeziehung zu werten ist, verwirklicht es stets den Ausschlussgrund des Abs 1b.

Quelle: SFU