FWF fördert 1000-Ideen-Projekt von Dr. Manuel Hessenberger, MSc / Fachbereich für Physiologie
Die gesellschaftliche Relevanz des Projekts ist enorm. „Schätzungen zufolge leiden weltweit fast 50 Millionen Menschen an Demenz, wobei 60 bis 70 % der Fälle auf Alzheimer zurückzuführen sind. Diese neurodegenerative Erkrankung führt zu einer schrittweisen Beeinträchtigung kognitiver Fähigkeiten wie Gedächtnis, Lernfähigkeit und Orientierung“, erklärt Dr. Hessenberger. „Alzheimer wird hauptsächlich durch eine vermehrte Ansammlung bzw. gestörte Entfernung von Amyloid-Beta (Amyloid-β)-Proteinen verursacht, was zur Bildung von Amyloid-β-Plaques und in weiterer Folge zu einer verstärkten Entzündung der Nervenzellen führt.“ Derzeit verfügbare medikamentöse Therapien zielen darauf ab, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen, doch eine Heilung der Alzheimer Krankheit ist bisher nicht möglich. Erst kürzlich hat die US-amerikanische FDA (Food and Drug Administration) drei monoklonale Antikörper für klinische Studien zugelassen, die Amyloid-β gezielt angreifen, um diese Plaques spezifisch zu reduzieren. Die Behandlung ist jedoch nur im Frühstadium von AD wirksam und mit einem hohen Entzündungsrisiko verbunden.
Der Schlüssel liegt in der Mikroglia-Aktivierung Einen vielversprechenden Ansatz verfolgt das Projekt von Dr. Hessenberger mit der direkten Aktivierung von Mikroglia, um die Aufnahme und Entfernung von Amyloid-β -Plaques zu stimulieren. Mikroglia gelten als die Makrophagen (Fresszellen) des zentralen Nervensystems und spielen eine entscheidende Rolle bei der Entfernung von Proteinaggregaten und zellulären Rückständen im Gehirn. Im Laufe der Jahre wurden zwei wichtige Risikogene für Alzheimer identifiziert, die sich in Mikroglia befinden: TREM2 und CD33.
Letzteres steht im Fokus des KL-Projekts: Ursprünglich im Zusammenhang mit der Diagnostizierung akuter myeloischer Leukämie (AML) untersucht, wurde CD33 im Jahr 2011 als einer der relevantesten genetischen Risikofaktoren für Alzheimer identifiziert. „Hier wird es nun wirklich spannend, zumal in von Alzheimer erkrankten Gehirnen verstärkt CD33 in der Zellmembran von Mikroglia zu finden war“, führt Hessenberger aus. Einfach erklärt kann CD33 mit Amyloid-β interagieren. Dies hemmt den Abbauprozess und führt in weiterer Folge zu einem Anstieg von Amyloid-β Ablagerungen im Gehirn. Erstaunlicherweise konnten Tiermodelle zeigen, dass Mäuse mit einer verkürzten Variante von CD33 eine deutlich gesteigerte Aufnahme und Verdauung von Amyloid-β durch Mikroglia aufweisen. Das macht CD33 zu einem potenziellen pharmakologischen Zielprotein, um die Interaktion mit Amyloid-ß zu verhindern.
Nanobodys als therapeutisches Werkzeug
Hier setzt das innovative Konzept des 1000-Ideen Projekts an: Ziel ist es identifizierte CD33-spezifische Einzel-Domänen-Antikörper (Nanobodys) gezielt gegen CD33 einzusetzen, um die Wechselwirkung von CD33 mit Amyloid-β zu blockieren. „Insgesamt sind in der Literatur über 20 verschiedene Nanobodys gegen CD33 beschrieben, die bereits als diagnostisches Werkzeug gegen AML eingesetzt wurden. Im nun geförderten Projekt testen wir die Hypothese, inwiefern einige dieser Nanobodys mit hoher Affinität an CD33 binden und dadurch die Mikroglia-spezifische Aufnahme und folglich auch den Abbau von Amyloid-β fördern können“, führt der Projektleiter weiter aus.
Wissenschaftliche Exzellenz gefördert
Der österreichische Wissenschaftsfonds zeigt sich überzeugt vom Innovationspotenzial des Vorhabens und unterstützt das Projekt mit einer Fördersumme von 180.000 Euro über einen Zeitraum von zwei Jahren. Die Mittel ermöglichen es dem Forschungsteam, grundlegende Experimente zur Wirksamkeit und Spezifität der Nanobodys durchzuführen sowie die Effekte auf Zellmodelle und eventuell in präklinischen Tiermodellen zu untersuchen.
Dr. Manuel Hessenberger blickt optimistisch in die Zukunft: „Wir hoffen, mit diesem Projekt einen entscheidenden Schritt zur Entwicklung neuer diagnostischer und therapeutischer Optionen für Alzheimer leisten zu können. Die Förderung durch das 1000-Ideen-Programm ist ein wichtiges Signal für kreative und mutige Forschung.“
Bildinhalt: Im Forschungsprojekt von Dr. Manuel Hessenberger, ausgezeichnet im Rahmen des 1000-Ideen-Programms des FWF – widmet sich die KL einer der größten Herausforderungen unserer Zeit: der Alzheimer-Krankheit.
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