Streit, Verletzungen und Feindschaft sind Keimzellen immer neuer Konflikte. Verstrickt in Hass, Rache und Vergeltung scheinen Menschen ausweglos gefangen im Kreislauf der Unversöhnlichkeit. Dabei ist die Sehnsucht nach Versöhnung groß – als Erfahrung eines heilenden Friedens, in dem Würde und Freiheit Wirklichkeit werden. Dem großen Thema Versöhnung und Vergebung widmet sich Heft 1/2025 der Theologisch-praktischen Quartalschrift. Es fragt nach Bedeutungen von Versöhnung im Kontext christlicher Theologie und zeigt im interdisziplinären Zuschnitt, wie entscheidend Bereitschaft und Fähigkeit zur Versöhnung in psychischer, sozialer und pädagogischer Hinsicht sind. Als zentrale Quelle des Vergebens und Verzeihens wird die Liebesmacht Gottes sichtbar: Möglichkeitsbedingung für ein gelingendes Miteinander und für eine alles umfassende eschatologische Versöhnung.
Ist dem „gemeinschaftsbildenden Tier“ Mensch zugleich auch Zwietracht ureigen eingeschrieben? Woher aber dann die nie erlöschende Sehnsucht nach Versöhnung? Und welche Wege gäbe es aus dem scheinbar ewigen Kreislauf der Unversöhnlichkeit?
Versöhnung – sie wäre eine Erfahrung des inneren und äußeren Friedens, von dem Kant sagt, es müsse ein ewiger sein, in dem das Ziel der Weltgeschichte zur Vollendung käme. Verfügen wir auch über keine Anschauung dieses Zustands umfassender Versöhnung, so können wir, ja müssen wird ihn denken: Denn nur so lassen sich menschliche Würde und menschliche Freiheit in ihrer Tiefe und ihren Konsequenzen ausloten.
Aus dem Editorial
„Versöhnung“ wird im vorliegenden Heft der Theologisch-praktischen Quartalschrift interdisziplinär und multiperspektivisch in den Blick genommen: als herausforderndes Beziehungsgeschehen – in den Beziehungen zu sich selbst, zum Anderen und zum Ewigen Du; in begrifflichen und ideengeschichtlichen Entwicklung von der paulinischen Theologie bis zur politischen Sprache; anhand praktischer Erfahrungen im südafrikanischen Versöhnungsprozess und im Hinblick auf die spezifischen Erfordernissen eines dekolonialen Lernprozesses; im Horizont der eschatologischen Versöhnung im göttlichen Gericht; in ihrer theologischen Fundierung im Neuen Testament; im Ausdruck, den Versöhnung in der Liturgie findet; und als Aufgabe der (Religions-)Pädagogik, Räume und Lernfelder zur Einübung von Vergebung und Versöhnung zu öffnen.
Mit Beiträgen zum Thema von Mirjam Erdinc, Ottmar Fuchs, Monika Renz, Stefan Schreiber, Helena Stockinger, Ewald Volgger und Marita Anna Wagner, Abhandlungen von Christoph J. Amor und András Máté-Tóth sowie zahlreichen Rezensionen aktueller Publikationen aus allen Feldern der Theologie.
Herausgegeben wird die Theologisch-praktische Quartalschrift von den Professorinnen und Professoren der Fakultät für Theologie an der Katholischen Privat-Universität Linz.
Foto: ThPQ 1 2025 ‚Versöhnung’_Cover © KU Linz