Das präzise chirurgische Einsetzen von Elektroden zur elektrisch-akustischen Stimulation des Innenohrs kann die Resthörfähigkeit schwer hörgeschädigter Personen über Jahre stabilisieren und die Worterkennung deutlich verbessern. Dies belegen soeben international veröffentliche Ergebnisse einer Studie der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften. Für diese wurden anspruchsvolle chirurgische Eingriffe bei 18 Patientinnen und Patienten durchgeführt, bei denen Cochlea-Implantate so platziert wurden, dass die Anatomie des Innenohrs kaum beeinträchtigt wurde. Diese Spitzenleistung erlaubte es, die vorhandene Resthörfähigkeit einiger der Betroffenen zu erhalten und als Basis für eine akustische Stimulation zu nutzen, die die elektrische Stimulation ergänzte.
Cochlea-Implantate (CI) sind technische Meisterwerke, die akustische Signale in elektrische Nervenreize umsetzen. Sogar Kindern und Erwachsenen mit totalem Hörverlust erlauben diese die Wahrnehmung von Schall und Klang, um wieder Gesprächen folgen und Musik genießen zu können. Doch nicht jeder, dem ein solches Implantat Hörverbesserung bieten kann, leidet an totalem Hörverlust. Es gibt Patienten mit sogenanntem partiellen Hörverlust, bei dem für niedrige Frequenzen ein gewisses Restgehör und für hohe Frequenzen ein hochgradiger Hörverlust vorliegt. Der hohe Frequenzbereich ist für das Verstehen von Sprache sowie für eine erfolgreiche Kommunikation besonders wichtig. Bei Personen mit einem Hörverlust im hohen Frequenzbereich können Hörgeräte allein kein zufriedenstellendes Sprachverständnis ermöglichen. Neue Technologien und Operationstechniken erlauben es nun aber, die sogenannte elektrisch-akustische Stimulation (EAS) bei diesen Betroffenen zu nutzen. Diese regt das Hörvermögen bei niedrigen Frequenzen rein akustisch an, greift für mittlere bis hohe Frequenzen aber zusätzlich auf die komplexere elektrische Stimulation des Hörnervs zurück. Nun zeigte ein medizinisches Team der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften Krems (KL Krems), dass diese Technologie wirksam ist und das Hörvermögen nachhaltig stabilisiert werden kann.
Sprachverständnis stimmt
„Die Studienergebnisse stimmen uns positiv“, meint Prof. Georg Mathias Sprinzl, Leiter der Klinischen Abteilung für Hals-Nasen-Ohren am Universitätsklinikum St. Pölten der KL Krems. „Sie zeigen, dass es möglich ist, Cochlea-Implantate so zu positionieren, dass eine vorhandene Resthörfähigkeit jahrelang erhalten werden kann. Das verbessert die Hörfähigkeit über lange Zeiträume und optimiert das Sprachverständnis deutlich.“
Tatsächlich konnte gezeigt werden, dass die noch vorhandene Hörfähigkeit bei der Hälfte aller Betroffenen auch zwei Jahre nach der Operation immer noch gleich gut und unverändert war wie vor der Operation. Für 30 bis 40% der Operierten blieb sie zumindest teilweise erhalten (was höchstwahrscheinlich auf einen altersbedingt ansteigenden Hörverlust zurückzuführen ist). In einem Fall konnte das Restgehör sogar über fast fünf Jahre zumindest teilweise erhalten werden. „Wir glauben, dass die Hörfähigkeit im niedrigen Frequenzbereich in den meisten Fällen auch über noch längere Zeiträume erhalten bleibt“, erläutert Prof. Sprinzl die Ergebnisse. „Jedoch betrug der längste von uns analysierte Zeitraum fünf Jahre.“ Als Resultat der Erhaltung der Hörfähigkeit bei niedrigen Frequenzen konnte das Team um Prof. Sprinzl auch ein klar verbessertes Sprachverständnis messen. Dies zeigte sich insbesondere im Vergleich mit CI-Patienten, die kein Restgehör hatten und denen daher ein rein elektrisch stimulierendes Implantat eingesetzt wurde.
Besonderer Einsatz
Wesentlich für den Erfolg war neben der technischen Komponente, dem EAS-Implantat, besonders das operative Vorgehen und chirurgische Geschick beim Einsetzen der speziellen Elektroden. Nur chirurgische Fingerfertigkeit und Erfahrung erlaubten eine Implantation ohne Beeinträchtigung der vorhandenen Resthörfähigkeit. „Zusätzlich verabreichten wir Antibiotika und Cortisonpräparate zur Verhinderung von Entzündungen und entfernten Blut- und Knochenreste sorgfältig aus der Cochlea“, erläutert Prof. Sprinzl weitere Details.
Insgesamt demonstriert die in Otology & Neurotology publizierte Studie das Zusammenspiel von klinischen Spitzenleistungen unter Anwendung von technisch höchstem Know-how und der international anerkannten Forschung an der KL Krems. Die wissenschaftliche Fragestellung und die statistische Auswertung wurden dabei erst durch die am zugehörigen Universitätsklinikum durchgeführten chirurgischen Eingriffe möglich. Ein bedeutender Forschungsfokus der KL Krems, die Medizintechnik, wird so unmittelbar vom klinischen Alltag geleitet und fördert das Wohl und die erhöhte Lebensqualität von Patientinnen und Patienten.
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