Höhere Strahlendosis bei Lungenkrebs sicher und vielversprechend

Foto © Universitätsklinikum Krems

Eine Studie der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften zeigt: intensivere Strahlentherapie bei Lungenkrebs erhöht nicht das Risiko entzündlicher Reaktionen – verbessert aber möglicherweise die Überlebenschancen.

Krems, 13. Mai 2025. Höhere Strahlendosen bei Standardbehandlungen des nicht-operablen Lungenkrebses können mit einer Immuntherapie kombiniert werden, ohne dass das Risiko für schwerwiegende Entzündungen des Lungengewebes (Pneumonitis) ansteigt. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL Krems). Betroffene, die vor der Gabe des Immun-Checkpoint-Inhibitors Durvalumab eine Strahlendosis von 70 Gy erhielten – also mehr als im Standardprotokoll vorgesehen – litten nicht häufiger an einer Pneumonitis als bei Behandlungen mit geringerer Strahlendosis. Gleichzeitig zeigte sich aber eine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens. Die Studie basiert auf retrospektiv ausgewerteten Daten von knapp 40 Patientinnen und Patienten und legt nahe, dass eine intensivere Strahlentherapie in bestimmten Fällen Vorteile bei gleicher Sicherheit bringt.

Lungenkrebs zählt weltweit zu den häufigsten Krebsarten mit hoher Sterblichkeitsrate. Für Patientinnen und Patienten mit nicht-operablem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) im Stadium III gilt die Kombination aus Chemotherapie und Bestrahlung (CCRT), gefolgt von einer Immuntherapie mit Durvalumab, als etablierter Behandlungsstandard – insbesondere bei positiver PD-L1-Expression (einem Protein auf Tumorzellen, das hilft, das Immunsystem zu umgehen). Diese Therapieform birgt jedoch Risiken: Sowohl die Strahlentherapie als auch die Immuntherapie können Entzündungen des Lungengewebes (Pneumonitis) auslösen. Aus diesem Grund wurde bisher meist eine Gesamt-Strahlendosis von 60 Gy nicht überschritten (Gy (Gray) ist die Maßeinheit für die auf Körpergewebe übertragene Strahlenmenge). Ein Forschungsteam an der KL Krems wollte nun herausfinden, ob eine höhere Dosis – und damit möglicherweise eine stärkere Tumorkontrolle – ohne zusätzliches Risiko möglich ist.

MEHR DOSIS OHNE MEHRBELASTUNG

„Im Rahmen einer retrospektiven klinischen Studie prüften wir, ob eine Erhöhung der Strahlendosis auf 70 Gy zu einem Anstieg der Pneumonitis-Fälle führt – und das war nicht der Fall“, erklärt Dr. Felix Schragel, Oberarzt an der Abteilung für Pneumologie am Universitätsklinikum Krems, einem Lehr- und Forschungsstandort der KL Krems. „Stattdessen zeigte sich sogar ein tendenzieller Vorteil beim Gesamtüberleben.“ 29 Betroffene in der Studie hatten eine höhere Dosis erhalten und zehn weitere waren mit einer individuell reduzierten Dosis behandelt worden. Die Ausgangsdaten beider Gruppen waren vergleichbar, was eine saubere Auswertung ermöglichte. In beiden Gruppen zeigte die Auswertung eine vergleichbare Rate an Pneumonitis-Fällen, die auch auf dem Niveau bisheriger Studien lag. Dazu handelte es sich bei den meisten Fällen nur um moderat ausgeprägte Symptome.

Insgesamt entwickelten 38,5 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Pneumonitis, doch im 70 Gy-Kollektiv lag die Rate bei 34,5 %, im Vergleich zu 50 % in der Gruppe mit geringerer Dosis. Nur ein Fall einer schwerwiegenderen Pneumonitis (Grad 3) wurde beobachtet – und zwar in der niedrig dosierten Gruppe. Besonders deutlich zeigten sich Unterschiede beim Gesamtüberleben: In der Hochdosis-Gruppe lebten nach einem Jahr noch über 93 % der Patientinnen und Patienten – diese Rate blieb auch nach vier Jahren nahezu unverändert. Im Vergleich dazu lag das mediane Überleben in der Gruppe mit weniger als 70 Gy bei 31 Monaten, zudem traten dort häufiger Tumorprogressionen auf.

SICHERHEIT DURCH PRÄZISE PLANUNG

Strahlenbedingte Lungenschäden wurden vermieden, da die behandelnden Teams besonders auf eine exakte Planung geachtet hatten: Die mittlere Lungendosis (MLD) wurde in beiden Gruppen unter dem kritischen Wert von 20 Gy gehalten. „Solange man sich an die vorgegebenen Grenzwerte, vor allem im Niedrig-Dosis Volumen hält, sind keine höheren Pneumonitis Raten zu erwarten“, erklärt Dr. Schragel. „Die Ergebnisse zeigen: Eine höhere Dosis für den Tumor bedeutet nicht automatisch ein höheres Risiko für entzündliche Reaktionen der Lunge – wenn man richtig plant.“

Die Studie legt nahe, dass Betroffene mit inoperablem NSCLC künftig stärker von individuell abgestimmten Therapien profitieren könnten. „Gerade für ausgewählte Patientinnen und Patienten mit stabiler Lungenfunktion könnte eine intensivere Strahlentherapie das Gesamtüberleben verbessern“, betont Dr. Schragel. „Und es freut mich besonders, dass die KL Krems hier eine Vorreiterrolle übernimmt – mit Forschung, die direkt anwendbar ist.“ Gleichzeitig machen die Ergebnisse deutlich, wie wichtig es ist, etablierte Grenzwerte im Lichte neuer Therapieformen wie der Immuntherapie regelmäßig neu zu bewerten.

Originalpublikation: High radiation dose in chemoradiotherapy followed by immunotherapy with durvalumab in patients with stage III non-small cell lung cancer does not increase risk for pneumonitis. F. Schragel, M. Matousek, C. Resl, G. Kreye, N.-S. Le, P. Errhalt, P. Georg & K. Hackner. Strahlenther Onkol (2025). DOI: 10.1007/s00066-025-02369-0

Foto © Universitätsklinikum Krems