Unter Blockchain versteht man eine Datenbank, in der eine Fülle von Informationen gespeichert werden können. Am Anfang des Blockchain-Systems steht ein Ursprungsblock, alle weiteren Informationen werden dann chronologisch hinten angehängt, nachdem sie im Netzwerk überprüft und bestätigt wurden. Die Blockchain ist für alle autorisierten TeilnehmerInnen öffentlich zugänglich und gilt als fälschungssicher, weil nur neue Einträge hinzugefügt und keine alten gelöscht werden können. „Kurz zusammengefasst handelt es sich dabei um verteilte Datenstrukturen, auf die gemeinsam von einem bestimmten Nutzerkreis zugegriffen wird“, erklärt Horst Treiblmaier, Professor für Internationales Management an der Modul University Vienna mit einem Forschungsschwerpunkt auf digitale Transformation. Das heißt, dass jeder Teilnehmer des Blockchain-Systems auf seinem Rechner eine vollständige Kopie der Datenbank hat. „Das klingt zunächst eher unspektakulär, birgt aber unglaublich viel Potenzial, da es damit möglich wird, Werte anstelle von Daten zu transferieren“, so der Forscher weiter. Das wirklich Neue dabei ist, dass man Transaktionen in Wirtschaft und Gesellschaft ohne Einschaltung von Intermediären (also beispielsweise Banken, Reisebüros, Notare und andere Vermittler) tätigen kann, da es möglich ist, die Echtheit der Informationen zweifelsfrei zu bestätigen. Man benötigt also keine externen Institutionen mehr, die diese Informationen überprüfen oder verwalten.
Bekanntes Beispiel: Kryptowährung
Eines der bekanntesten Beispiel dafür ist Bitcoin, eine sogenannte Kryptowährung, die Zahlungen ohne Intermediäre wie etwa Banken ermöglicht. Einmal getätigte Transaktionen sind im Nachhinein nahezu unmöglich zu ändern. Der Clou dabei: Man kann zwar sehen, dass eine Transaktion getätigt wurde, aber nicht von wem. Das System ist in diesem Fall dennoch nicht anonym, sondern pseudonym, weil sich über die öffentlich einsehbare Adresse unter bestimmten Umständen auch die Identität feststellen lässt. Kryptowährungen sind allerdings nur ein kleiner Teil von potenziellen Anwendungsmöglichkeiten der Blockchain.
Supply Chain – Tracking und Tracing von Produkten
In der Blockchain können nicht nur finanzielle Transaktionen gespeichert werden. Das Konzept eignet sich im Prinzip für unterschiedlichen Arten von Information, wie etwa Verträge, Buchführung oder für die Verwaltung digitaler Güter wie Fotos, Musik oder Texte. Einen besonders spannenden Anwendungsbereich sieht Horst Treiblmaier in der Supply Chain: „Mit der Blockchain-Technologie ist es möglich, Produkte durchgehend zu verfolgen und damit eine vollständig transparente End-to-End-Verarbeitung zu garantieren“. Alle Daten werden, mit einem Zeitstempel versehen, in den jeweiligen Blocks gespeichert und sind somit für die Teilnehmenden zu jedem Zeitpunkt zugänglich und einsehbar, ohne dass jemand die existierenden Daten löschen, ändern oder anderweitig manipulieren kann. Treiblmaier: „Das kann positive Auswirkungen etwa auf die Lebensmittelsicherheit haben“. Ein Beispiel: Ein Lieferung, die kälteabhängig ist, kann mittels Blockchain detailliert überwacht und eine Unterbrechung der Kühlkette genau nachgewiesen werden. Darüber hinaus kann die Blockchain-Technologie dabei helfen, die Transparenz vom Ursprung der Ware bis hin zum Endkonsumenten aufgrund der Unveränderbarkeit der Transaktionen sichtbar zu machen. Dasselbe gilt auch bei der Anwendbarkeit auf Markenschutz und illegal kopierte und hergestellte Produkte.
Chancen und Risiken
Supply Chain Management wird künftig ein stark wachsendes Betätigungsfeld für ExpertInnen sein, aber Blockchain-Technologie könnte auch den gesamten Finanzierungssektor nachhaltig verändern. Auf dem Gebiet der Kryptowährungen sieht Forscher Treiblmaier eine gewisse Gefahr, dass auch missbräuchlichen Geldtransaktionen Tür und Tor geöffnet werden könnten. Im Bereich der Supply Chain könnten die starken Partner mehr Macht und Datenkontrolle gewinnen und schwächere Partner auf der Strecke bleiben. „Auch dass Daten schwer bis kaum veränderbar sind, könnte sich fallweise als Nachteil erweisen, weil das ja auch für falsche Angaben gilt“, sagt Treiblmaier. Andererseits ergeben sich durch den Wegfall von Intermediären Vorteile für die Konsumenten, weil Prozesse dadurch einfacher und kostengünstiger werden, wie etwa in der Tourismuswirtschaft und im Beförderungsgewerbe. „Die Möglichkeiten der Blockchain sind bei weitem noch nicht ausgereizt und es werden ständig neue Anwendungsfelder erschlossen“, sagt Treiblmaier. Gleichzeitig dürften bei aller Euphorie die Grenzen der Technik nicht übersehen werden. „Eine kritische Beschäftigung mit der Materie ist aus meiner Sicht unbedingt notwendig“, ist Treiblmaier überzeugt. Es gelte, Innovationspotenziale zu erkennen und zu fördern und gleichzeitig Gefahren und Grenzen aufzuzeigen. Ein Grund mehr für den Experten, die Studierenden für dieses Thema zu begeistern, da es auch im Management immer wichtiger wird, sich mit der Blockchain auseinanderzusetzen. ExpertInnen, die mit digitalen Innovationen mitgehen und das fachliche Wissen für die Praxis mitbringen, werden dringend benötigt. „In welchem Ausmaß die Blockchain unsere Gesellschaft und Wirtschaft (um)gestalten wird, ist derzeit noch nicht gänzlich vorhersehbar, aber dass sie einen Einfluss haben wird steht für mich außer Frage“, so Treiblmaier abschließend.
Univ.-Prof. Dr. Horst Treiblmaier ist Vorstand des Institutes für Internationales Management an der Modul University Vienna. Neben seiner Lehrtätigkeit und der Leitung des Departments konzentriert sich Horst Treiblmaier in seiner Forschung vor allem auf die potenziellen Auswirkungen der Blockchain.