Von der New York Times bis zur Zeit im Bild, von der Washington Post bis zur Presse: Die Geschichte, die Ende letzten Jahres für weltweite Schlagzeilen sorgte, ließ tatsächlich kaum jemanden kalt. Der Hintergrund: Durch gemeinsame Anstrengungen von Forschern und Dermatologen in gleich drei Ländern konnte das Leben eines kleinen Buben gerettet werden. Und zwar im Rahmen eines eindrucksvollen Lehrbeispiels für die Möglichkeiten einer wissenschaftsgeleiteten Medizin. Im Zentrum des medialen Interesses in Österreich stand dabei jener Mann, der auch einer der Väter des Erfolgs ist: Johann Bauer, Vorstand der Universitätsklinik für Dermatologie der Paracelsus Universität in Salzburg.

„Ich war nicht sicher, ob das gutgehen wird. Insofern war es schon ein kleines Wunder“, erzählt Bauer. Was war geschehen? Im Juni 2015 war ein siebenjähriger Bub mit einer schweren Form der genetischen Hautkrankheit Epidermolysis bullosa (EB) in das Universitätsklinikum in Bochum eingeliefert worden. Die Haut dieser „Schmetterlingskinder“ bildet bereits bei geringsten mechanischen Belastungen Blasen, reißt ein und verursacht Wunden. Zusätzlich jedoch litt der Kleine, der auf den Namen Hassan hört, an einer bakteriellen Hautentzündung und hatte bereits rund 60 Prozent seiner Oberhaut eingebüßt. Quasi als letzte Hoffnung wandten sich die deutschen Ärzte in der Folge an zwei Experten, die bereits erste Erfolge mit einer speziellen Gentherapie erzielt hatten: den Italiener Michele De Luca, der in Modena ein Zentrum für regenerative Medizin betreibt und als Pionier der Methode gilt. Und an Johann Bauer, der 2014 erstmals in Österreich einer Patientin ein kleines Stück genkorrigierter Haut transplantiert hatte.

Hassans neue Haut
Doch diesmal geht es ums Ganze. Johann Bauer stellt den deutschen Kollegen seine Unterlagen zur Verfügung und fliegt gemeinsam mit De Luca nach Bochum. „Wir haben uns den Knaben angesehen und die Biopsien entnommen, um die Stammzellen zu isolieren“, erzählt Johann Bauer. In der Folge wird mit Hilfe von Retroviren ein gesundes Gen – im vorliegenden Fall einer „junktionalen“ EB handelt es sich um das LAMB3-Gen – in die Stammzellen eingebracht. Daraus werden Hauttransplantate in der Größe von zwölf mal zwölf Zentimetern Größe hergestellt und schließlich im Oktober 2015 gemeinsam transplantiert. „Dabei haben wir den Kollegen vor Ort die Technologie erklärt und sie sozusagen eingeschult“, sagt Bauer. Nach zwei weiteren OPs ist die gesamte Oberhaut (Epidermis) im Ausmaß von 0,85 Quadratmetern ersetzt – und die Sensation perfekt. Heute ist der mittlerweile neunjährige Junge wohlauf, seine neue Haut ist eingeheilt und übersteht Beanspruchungen ohne Schaden.

Der gerettete Bub ist auch der „Held“ einer aktuellen Publikation im Wissenschaftsjournal Nature, zu deren Autoren neben Bauer auch die Forschungsleiterin im Salzburger EB-Haus Austria, Julia Reichelt, zählt. Ihr wissenschaftlicher Input betrifft, vereinfacht gesagt, den Aspekt der Nachverfolgbarkeit der Stammzellen im Transplantat. Neu ist generell der Nachweis der so genannten „Holoklon“-Stammzellen als dauerhafte Quelle der Zellerneuerung. Bauer ist angesichts der „kleinen Revolution“ hochzufrieden: „Wir konnten erstmals beim Menschen zeigen, dass die Stammzellen der Haut tatsächlich die Oberhaut aufbauen können.“ Und weiter: „Das war für uns schon ein Meilenstein. Wir haben noch nie einen Menschen mit so viel genetisch korrigierter Haut bedeckt.“ Dabei betont der Klinikvorstand, dass all das ohne die privaten Spenden an die EB-Selbsthilfeorganisation „Debra Austria“ nicht möglich gewesen wäre. Und obwohl das Verfahren derzeit nur bei der genannten junktionalen EB-Form anwendbar ist, arbeitet der Salzburger Dermatologe längst an einer Transferierung auf andere Gene und somit andere EB-Formen: „Derzeit läuft bei uns eine Studie mit zwölf Patienten mit einer dystrophen EB.“ Bauers optimistischer Nachsatz: „Das wird ganz ähnlich gemacht, wir haben schon drei Patienten behandelt.“